
SCHWEINFURT – Wichtigster oder anders ausgedrückt: interessantester Tagesordnungspunkt der Stadtratssitzung im Rathaus an diesem Dienstag waren sicherlich die diversen Eilanträge einiger Parteien, die unbedingt erreichen wollten, dass die Stadt Schweinfurt aus den Plänen aussteigt, 2026 eine Landesgartenschau auszurichten.
Die Begründungen: Einerseits steigende Kosten, zweitens die vielen anderen Sorgen der Stadt, drittens das noch immer fehlende Konzept für eine ohnehin sehr kleine Fläche auf dem einstigen Gelände der amerikanischen Soldaten neben dem Sachs-Stadion. Das alle veranlasste Freie Wähler, SPD, Linke, Dr. Ulrike Schneider von der ödp/Zukunft und FDP-Mann Georg Wiederer zum Antrag, die Möglichkeit bis Ende Juni zu nutzen, um einigermaßen kostensparend noch zurückzuziehen von der Austragungsabsicht in vier Jahren.
16 der 44 Stadträte waren damit also schon mal für einen Ausstieg, 23 freilich müssten gegen die Austragung abstimmen. Doch die sieben zusätzlich benötigten konnten eigentlich nicht aus den Reihen der CSU (17 plus OB Sebastian Remelé als 45. Abstimmender) oder den Grünen (6) kommen, die ja seit geraumer Zeit gemeinsame Sache machen und damit stets eine Mehrheit im Stadtrat haben. Und dann fehlte auch noch bei der Sitzung die SPD-Dame Marietta Eder…
Zunächst durften Antragsteller und Geschäftsführer der LGS zu Wort kommen. Peter Hofmann (SPD) bemerkte, dass die Korrespondenzprojekte von sieben auf drei geschrumpft sind: Nur noch Schelmsrasen, Gutermann-Promenade und Spitalseeplatz blieben übrig, schon der Bahnhofsplatz ist nicht mehr dabei… 10,6 Millionen Euro an Kosten aus 2017 waren in den Raum gestellt. Seitdem gab es Preissteigerungen. „Netto mindestens 15 Millionen“ würde die LGS laut Hofmann auf alle Fälle kosten. „Das Risiko ist enorm“, so der Stadtrat, der zudem „keine zündende Idee für ein Alleinstellungsmerkmal“ erkennt. Und der weiß: Bezieht man die Panzerhalle ins Konzept mit ein, werden die Kosten weiter steigen. Daher seine Meinung: „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!“ Also der Ausstieg. Ansonsten erwartet er ein „böses Erwachen bei den Haushaltsberatungen im Herbst!“
„Schaden von der Stadt abwenden“ will auch FDP-Stadtrat Georg Wiederer, der diesbezüglich in seiner Funktion einst einen Eid geschworen hat. Er beantragt aber nicht den Ausstieg, ein Grünes Band vom Stadion zum Main anzulegen. Freie Wähler-Mann Adi Schön weiß: „Die Zeiten ändern sich, das sollte man zur Kenntnis nehmen!“ Und rechtzeitig an Stellschrauben drehen. „Machen sie es aus Verantwortung für die Stadt!“
Haupt-Gegnerin der Landesgartenschau war schon immer Dr. Ulrike Schneider (Zukunft./ödp), die daran erinnerte, dass auch Gruppierungen wie die V-Partei oder die Bayernpartei etc., die es nicht in den Stadtrat schafften, sich ähnlich positionieren. Grüne und CSU seien gegen letztlich neun Parteien und Vereinigungen. Ihr Argument: Selbst der Ausstieg kostet jetzt bereits so viel, wie wenn man drei kleinere Wälder anlegen würde… so wie von ihr vor ein paar Jahren gefordert.
Die Gegner des Ausstieg: OB Sebastian Remelé gab den Antragstellern insofern recht, als dass die Stadt auf die Entwicklung reagieren müsse, man sich den Auffassungen der Kritiker anschließen könne. Aber: Man könne „gerade auch in schwieriger Zeit ein gegenteiliges Signal setzen. Die Landesgartenschau sei ein Zeichen nach außen: Als „Glauben an die Zukunft dieser Stadt, wir wollen auch nach der Krise ein lebenswerter Ort sein und nicht mutlos werden“. Remelé erinnerte an die einmalig günstige Fördersituation.
Von der sprach auch Ralf Brettin, Baureferent und einer der beiden Geschäftsführer der LGS. Sicher seien neun, möglicherweise weiter zwei bis drei Millionen Euro an Fördergeldern, die im Raum stehen. Weitere Millionen gibt es für die Korrespondenzprojekte. Aber eben nur bei einer Durchführung. Sein Kollege Martin Richter-Liebald erinnerte an viele erfolgreiche Landesgartenschauen der letzten Jahrzehnte in Bayern. Und an vielen Interessenten für die Zukunft. Die durchführenden Städte würden alle heute noch davon profitieren nach einem Fest einen ganzen Sommer lang.
Es gab endlos Wortmeldungen bei der anschließenden Diskussion: Holger Laschka (Grüne) begann: Zu viel Asphalt, zu wenig Bäume hätte Schweinfurt mit seinem Hitzestau. „Ein notwendiges Projekt“, sei daher der grüne Gürtel. In etwa fünf Millionen Euro an Invest auf vier Jahre müsse die Stadt übrig haben „Sonst können wir den Laden gleich zusperren!“ Natürlich gebe es auch einen Durchführungs-Haushalt. Acht, neun Millionen würde die Landesgartenschau dann wohl kosten. So viel, wie die Sanierung des Theaters nun wohl mehr… Aber auch das: Eine Stadtmarketing-Kampagne habe Schweinfurt dringend nötig! Und mit der LGS die Chance, dann zu zeigen, was man zu bieten hat.
Stefan Funk (CSU) lobte euphorisch alle Vorzüge der Landesgartenschau. „Sie ist Stadtgestaltung, langfristig gedacht, was wir jetzt auf den Weg bringen wollen! Antizyklisch investieren, gerade in diesen schlechten Zeiten“, müsse man. Funk erinnerte an die Rücklagen der Stadt, auf die man zurück greifen könne. „Die Landesgartenschau ist ein gutes Projekt!“ Sein Kollege Rüdiger Köhler: „Angst ist ein schlechter Ratgeber!“ Die Gegner würden ohn genaue Fakten zu kennen, die LGS verhindern wollen. Die CSU hingegen mit den Grünen sehen das große Potenzial. Und wollen den Naturschutz. Köhler forderte „Schwung, Elan und Optimismus“ – auch von den Gegnern.
Für Klaus Rehberger, ebenfalls CSU, erinnerte an die Kuba-Krise in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Und dennoch wurde in Schweinfurt damals der heutige Wildpark errichtet. 600.000 Besucher habe der nun jährlich. „Krieg und Pandemie dürfen keine Hauptargumente sein“. Und die fehlende zündende Idee? „Kleinreden würden die Kritiker Schweinfurt, so Rehberger. Gerade die Turnvereine der Stadt werden die LGS „mit Highlights garnieren“. Die sei „ein Fest für Monate“. Sein Kollege Dr. Bernd Weiß wollte sein Statement nicht öffentlich abgeben.
Dafür aber Florian Dittert, wieder CSU, der einiges seiner Vorgänger-Redner wiederholte. Wildpark und auch Wehranlagen würden Schweinfurt ausmachen. „Warum zerreden wir Projekte endlos?“ Er forderte Optimismus, keinen Missmut. Therese Schefbeck, wieder CSU, kann nicht verstehen, dass man an der Entscheidung pro LGS aus dem Jahr 2020 nun wieder zweifle. „Warum sichere neun Millionen Euro Fördergelder in die Tonne klopfen?“ Stefanie Stockinger-von Lackum, nochmals CSU, findet es gut zu hinterfragen. Die Landesgartenschau sei „eine einmalige Chance in einem Stadtteil, der bislang stiefmütterlich behandelt wurde.“
Christiane Michal-Zaiser (proschweinfurt) zollte den Vorrednern Respekt. „Es ist wichtig, zielgerichtet zu investieren!“ Belastbare Zahlen liegen nicht vor, man könne auch in einem Jahr noch abwägen, der Ausstieg dann wäre zu nicht viel mehr an Kosten möglich. „Kostenloses Marketing“ sei die LGS zudem. Sie wird „entgegen aller Unkenrufe gelingen“.
Dann der erste Gegner: Ralf Hofmann (SPD) weiß aber: „Es gibt viele gute Gründe für die Landesgartenschau!“ Aber: „Über eine Stunde Nebelkerzen“ habe überwiegend die CSU bis dato gezündet. „Wir sind nicht mehr vom Erfolg überzeugt!“ Nach viereinhalb Jahren seit Beschluss habe sich bei den Planungen der Korrespondenzprojekte noch fast gar nichts getan. Man kritisiere nicht die Idee der Landesgartenschau. Man betrachte aber die Entwicklung mit einem unguten Gefühl.
Nicolas Lommatzsch von den Grünen betonte die Vorteile des entstehenden Parks für die Bürger, Stichwort Lebensqualität und Naherholung. Und er lobte die schon bestehende Carus-Alle, die stark frequentiert werde. Er freue sich daher auf die Landesgartenschau.
Dann Dr. Ulrike Schneider (Zukunft./öpd). Sie hatte Fakten. Neun Millionen kam bei der LGS in Würzburg in Kosten zusammen. In Rostock habe die Bürgerschaft hat Bundesgartenschau 2025 abgesagt. In der Innenstadt würde es weitaus wichtigere Baustellen geben, die für das Image Schweinfurts wichtig sind. Die von Ralf Brettin angeführten neun Millionen seinen umverteilte Steuergelder, nicht Gott gegebene Euro. „Immenser Invest für wenig Output“ sei die LGS. „Ein Wahnsinn“ seien in die Carus-Allee investierten sechs Millionen Euro.
Marketing sei es, Schneiders Vorhaben einst, an der Stelle einen Klimawald zu pflanzen, als „Wäldchen“ abzutun – um nun auf einem Teil der von zehn auf sieben Hektar verkleinerten LGS-Fläche plötzlich einen „Klimawald“ wachsen zu lassen. Beim Bürgerbescheid einst gab es mehr Stimmen gegen als für die Landesgartenschau. 590.000 Besucher, wie man sie in Schweinfurt braucht, kamen noch nicht mal nach Würzburg auf einer Fläche mit 30 Hektar in einer drei Mal so großen Stadt. Riesig war das Defizit daher im Durchführungs-Haushalt.
Sinan Öztürk, scheidender Stadtrat der Linken, erinnerte daran, dass die SPD jahrelang den Antrag stellte, den Schelmsrasen zu begrünen, was stets die CSU ablehnte. In einem Jahr beim nächsten Stichpunkt, um die Reißleine zu ziehen, werden die Befürworter sicherlich argumentieren, dass es nun zu teuer wäre… Daher sei der nun günstigere Zeitpunkt der richtige. „Je eher, desto weniger Geld verbrennen wir, weiß Adi Schön.
Auch die AfD kam zu Wort: Richard Graupner ärgerte, dass die Argumente die gleichen waren wie schon vor Jahren. Seine Partei hatte sich damals schon zu einer Ablehnung entschieden. „Verantwortungsbewusstes Handeln“ sei das. Daher ist auch die Alternative für keine Landesgartenschau in Schweinfurt.
Dann die Abstimmung: Wie zu erwarten war, ließ der Gruppenzwang bei CSU und Grünen nichts anderes zu wie eine Ablehnung der Anträge zum Ausstieg aus der Landesgartenschau. 16:25, weil neben Marietta Eder auch Frank Firsching (linke) und Daniela Mahler (AfD) fehlten. Ende Juni 2023 hat die Stadt Schwienfurt dann nochmals die Chance dazu.es wäre ein Wunder, wenn das dann nicht wiederum beantragt und nochmals knapp mehrheitlich abgelehnt wird….
Andere Themen im Stadtrat am Dienstag: Die Kosten für die Sanierung des Theaters wird weitaus teurer als gedacht, wohl um die 10 Millionen Euro mehr… Ob der staatlich bezuschusste Kultursommer, der am Donnerstag startet, ein Erfolg wird, steht in den Sternen. Für die Opern-Gala knapp zwei Tage danach waren – Stand Stadtratssitzung – gerade mal 304 Karten verkauft. Man darf gespannt sein, ob das Programm mit weitestgehend fehlenden populären Acts für die Massen genügend Besucher anlockt, um die knapp 190.000 Euro an Kosten zu decken.
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