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Eine seltsame Liebesbeziehung zwischen einem Rhöner und einer Thüringerin: „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich!“

SCHWEINFURT – „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich!“ Dieses Sprichwort bemühte Staatsanwalt Matthias Jakobeit höchst ungern. Doch im Prozess vor der 3. Kleinen Strafkammer des Landgerichtes Schweinfurt passten die Worte irgendwie haargenau. Angeklagt war ein bald 50 Jahre alter Mann aus einem Ort in der Rhön, der im Juli 2011 seine Lebensgefährtin schlug. Das Amtsgericht Bad Kissingen veurteilte ihn deshalb im März diesen Jahres zu fünf Monaten Freiheitsstrafe – ohne Bewährung aufgrund seiner Vorstrafen. Er legte Berufung ein – und bei der neuerlichen Verhandlung sprachen sie und er jeweils von Hochzeit.

Verlobt sollen beide schon gewesen sein, als zum Vorfall kam. Den streitet er gar nicht ab. Bei einem Bekannten will er ein paar Bier getrunken haben und zwei Schnäpse. Als er dann heim kam, „ging es drunter und drüber. Sie hat mich beleidigt und beschimpft“. Wohl als „alten Saufsack“, ziemlich sicher auch als „Dreckschwein“, „Blödmann“ oder „Taugenichts“. „Ich konnte es nicht mehr einstecken“, sagt er, weshalb er sie „a bissl am Hals gehabt“ habe. In der Anklage ist von einem Würgen mit beiden Händen die Rede, von einem Tritt gegen ihr Bein. Quetschungen und Prellungen waren die Folge, sie begab sich zu einem Nachbarn, ließ einen Rettungswagen rufen, kam ins Krankenhaus nach Bad Brückenau. Schlimm verletzt war sie nicht, ihre Schwester aber holte sie danach ab und brachte sie zurück nach Thüringen in ihre Heimat.

Mittlerweile lebt sie – zumindest am Wochenende – wieder bei ihm in der Rhön. Vier Tage nach der Tat schon sollen die beiden, die sich um Silvester 2010 herum kennenlernten, die beide arbeitslos sind, wieder vertragen haben. „Er hat sich volllaufen lassen, ich habe ihn beschimpft bis zum Geht-nicht-mehr. Es war ein Horrorerlebnis. Ich habe ihm in die Weichteile getreten, das war meine Rettung. Aber am Ersticken war ich nicht“, schilderte sie den Vorfall und sprach auch von einem Anruf seinerseits gleich danach, in dem er sich weinend entschuldigte. Seitdem passierte nie mehr etwas, wurde vieles angeblich anders: Er will seinen Alkoholkonsum auf maximal drei Bier am Tag gedrosselt haben, hat einen 1 Euro-Job zusätzlich zu den Hartz IV-Bezügen. Und eigentlich will er sie heiraten, „aber das steht noch offen, weil sie nicht in ein kleines Dorf ziehen will“, war er sich irgendwie unsicher. „Er ist ein ganz lieber Kerl und bereut zutiefst. Sonst wäre ich auch nicht mehr bei ihm“, meinte sie später. Und: Wenn´nach mir gehen würde, dann heiraten wir!“ Für den das Thema anschneidenden vorsitzenden Richter Konrad Döpfner schlug der Staatsanwalt deshalb „eine Prämie für das Zusammenführen“ vor.

Doch damit war der Spaß vorbei für Matthias Jakobeit. Während Pflichtverteidiger Fred Hilsdorf aus Bad Kissingen aufgrund der Entwicklung eine Freiheitsstrafe nochmals zur Bewährung forderte, beantragte der Ankläger ein Verwerfen der Berufung und legte Wert auf das Bad Kissinger Urteil. Weil das Opfer damals den Rettungswagen verständigen ließ, die Verletzung also gar nicht so harmlos gewesen sein muss. „Jetzt wollen sie uns klar machen, es sei nichts passiert. Da fühlen wir uns veräppelt!“ Bei der Polizei gelogen haben will die 53-Jährige, die ihn erst anzeigte und die Anzeige dann wieder zurücknahm. Wegen falschen Verdächtigungen wurde sie mittlerweile zu 400 Euro Geldstrafe verurteilt.

Schlimmer noch für ihn: Mit 15 Vorstrafen ist er belastet. Der Vater von drei erwachsenen Kindern fing in den 70er Jahren schon mit Diebstählen an. Trunkenheitsfahrten kamen hinzu, ein Betrug, immer wieder Straßenverkehrsdeklikte. Zwei Mal saß er bereits für längere Zeit im Gefängnis. Im November 2008 wurde er zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, weil er einen Nachbarn in den Unterleib trat, ihn mit der Faust schlug, den am Boden Liegenden schließlich einen weiteren Tritt verpasste. Frakturen und ein Bauchtrauma waren die Folge. Zur Zeit der neuerlichen Tat stand er also einschlägig unter Bewährung.

„Der Bewährungsversager hat seine Chance nicht genutzt“, meinte der Staatsanwalt, den das „Gewimmere und Gejammere“ im Gerichtssaal störte. Immer wieder weinte der Angeklagte, betonte seine Befürchtungen, seine Wohnung und seine Partnerin verlieren zu können, wenn er ins Gefängnis muss. Ein älterer Freund von ihm als Zeuge warf gar kein gutes Licht auf die Beziehung. „Die ist zerbrochen!“ Sie sei eine Lügnerin und hätte in ihrer Heimat vorab verlauten lassen, sie sorge dafür, dass er bei der zweiten Verhandlung eine noch höhere Strafe bekommt. Sein Freund aber trinke in der Tat seit der Tat weniger als früher. „Da waren es auch schon mal zehn Flaschen Bier am Tag.“

Die Kammer änderte tatsächlich das Bad Kissinger Urteil ab. Die fünf Monate Haft sind nun zur Bewährung ausgesetzt. „Weil er die Konsequenzen aus der Tat gezogen hat“, so Richter Döpfner. der von „besonderen Umständen“ sprach. „Gereizt und provoziert“ habe sie ihn. Normalerweise dürfe man bei einem solchen Vorfall aber keine Bewährung mehr geben. Es ist eine Ausnahme. Der 49-Jährige, der als Auflage 250 Arbeitsstunden ableisten muss, habe aber wohl verstanden, wie haarscharf er am Gefängnis vorbei schlitterte. Die Staatsanwaltschaft hat bis nächsten Dienstag jedoch noch Zeit, um eventuell Revision einzulegen.




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