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In der Kunsthalle zu sehen: Nur noch wenige Tage 4 Positionen von 4 Künstlern, aber noch lange die Werke von Victor Kraus

Schweinfurt – „this deep surface“ heißt die Ausstellung von Werken des Künstlers Victor Kraus, die seit Anfang März in der Kunsthalle zu sehen ist. Nur noch bis zum 11. März läuft aber parallel „Figur pur“ mit 4 Positionen von 4 Künstlern. Hier eine Übersicht mit allem Wissenswerten zu beiden Ausstellungen.

4 Künstler – 4 Positionen

Bernhard Graf von Bylandt-Rheydt (1905-1998)
Ferdinand Lammeyer (1899-1995)
Richard Lindner (1901-1978)
Heinrich Kirchner (1902-1984)

Kunsthalle Schweinfurt, Tiefparterre

Vor diesem Hintergrund wurden Werke von vier um 1900 geborenen Künstlern  ausgewählt, die durch ihre Biographie alle auf unterschiedliche Weise mit Franken verbunden sind und zeitlebens an figürlichen Darstellungsweisen festgehalten haben. Unter dem Titel „Figur pur“ sind Werke von zwei Malern und zwei Bildhauern vergleichend zusammengefasst, die alle wenigstens zeitweilig in großen Kunstmetropolen wie Frankfurt, Kassel, München, Paris oder New York gelebt haben. Sie haben dennoch teilweise genauso bewusst für ihr Schaffen über Jahrzehnte die Abgeschiedenheit von Orten wie Ascholding, Aschach oder Bischofsheim aufgesucht oder sind zumindest besuchsweise wieder nach Nürnberg zurückgekehrt, von wo sie vor dem braunen Terror fliehen mussten. Die Ausstellung möchte in der vergleichenden Gegenüberstellung je zweier Maler und Bildhauer Figuratives und Abstraktes in deren Schaffen untersuchen und zugleich das spezifisch Eigene der vier Künstler herausarbeiten. Die Bandbreite der Möglichkeiten reicht dabei von der Archaik bis hin zur Pop-Art.

Im Frühsommer 2011 war im Tiefparterre die Ausstellung „Karl Röhrig – Kleine Leute“ zu sehen, die avantgardistische Bildhauerpositionen zum Menschenbild in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts fokussierte und so prominente Künstler wie Barlach, Kollwitz, Marcks, Roeder, Röhrig und andere vereinen konnte. Das fundamentale Thema in der Kunst, nämlich das Bemühen ein materielles wie ideelles Abbild des Menschen zu schaffen, wird in dieser Werkschau nun anhand vier unterschiedlicher künstlerischer Positionen der Nachkriegszeit erneut aufgegriffen und im Streben nach Reduktion weiter fortgeschrieben. Damit wird in der Kunsthalle Schweinfurt nicht nur ein Ausstellungskonzept inhaltlich weitergeführt, sondern darin spiegelt sich auch der grundsätzliche Leitgedanke des Hauses, nämlich dem interessierten Betrachter Dialoge im Sinne von Diskursen sowohl in der Schausammlung im Erdgeschoss als auch in den wechselnden Präsentationen anzubieten. Wäre es jeder Einzelne der hier vorgestellten Künstler unbestritten wert, in einer monografischen Ausstellung gezeigt zu werden, ergeben sich jedoch gerade durch diese vier Positionen unerwartete Wahlverwandtschaften und möglicherweise erst auf den zweiten Blick erstaunliche Parallelen zu entdecken.

Bernhard Graf von Bylandt-Rheydt (1905–1998) lebte seit seiner Emeritierung 1970 als Professor an die Kunsthochschule Kassel in der fränkischen Rhön, zunächst in Bad Bocklet und später in Aschach. Der Bildhauer fand sein Material bevorzugt in Kiesgruben, wo er in einer längeren Phase des Suchens und Findens mit den dort liegenden Steinen rang. Dabei entstanden archaisch anmutende Skulpturen in einer völlig eigenständigen, mit den üblichen Stilrichtungen der Kunst der Moderne im 20. Jahrhundert nur bedingt zu benennenden Sprache.

Im Krieg in Frankfurt ausgebombt, zog sich Ferdinand Lammeyer (1899–1995) in ein Bauernhaus unterhalb des Kreuzberges in der Rhön zurück. Unter seiner Leitung wandelte sich die Städelschule in Frankfurt zur Staatlichen Hochschule für Bildende Künste. Sein Weg als Maler wurde in der Frühzeit zunächst vom Expressionismus und der Begegnung mit Künstlern wie Otto Müller oder Alfred Kubin beeinflusst. Für ihn war die Darstellung des Menschen zeitlebens die höchste Aufgabe der Kunst. Sein Credo war „Die Form wird Zeichen und die Farbe Klang“.

Richard Lindner (1901-1978) verbrachte seine gesamte Jugend in Nürnberg und musste als Jude über Paris 1941 in die USA emigrieren. Zeitlebens hatte er sich ausschließlich mit dem Thema Figur beschäftigt. Sein Markenzeichen sind geometrisch aufgebaute Köper in grellen Farben, die oft wie mechanische Puppen wirken. Als Künstler vereinnahmt Lindner eine singuläre Position. Er sah die menschliche Gestalt als Vehikel des symbolischen Ausdrucks angereichert mit Metaphern und literarischen sowie historischen Anspielungen.

Auch bei Heinrich Kirchner (1902–1984) stand die menschliche Gestalt im Fokus seines künstlerischen Schaffens. Der gebürtige Erlanger sah Figur auch als Verkörperung lebensanschaulicher Inhalte und avancierte zum Träger inhaltlicher vor allem christlicher Aussagen. In der Tradition der Münchener Bildhauerschule der Archaik stehend ist bei ihm die Antike immer zu spüren. Seine Professur an der Münchener Akademie für Bildende Künste von 1952–1970 ließ Oberbayern zu seiner zweiten Heimat werden, wo er in Ascholding eine legendäre, heute noch existierende Gießerei begründete.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog zum Preis von 12,- Euro.

VICTOR KRAUS
this deep surface
2. März – 10. Juni 2012

Der Kernbestand der im Mai 2009 eröffneten Kunsthalle Schweinfurt widmet sich der nationalen Kunst der Nachkriegszeit unter dem Motto „Diskurse“. Wesentlicher Aspekt ist aber auch die Auseinandersetzung mit dem qualitätvollen Kunstschaffen aus und in der Region. Dabei handelt es sich durchaus um Künstler mit fränkischen Wurzeln, die heute in der ganzen Welt tätig sind. Im Ausstellungsjahr 2012 haben deshalb die Museen und Galerien der Stadt Schweinfurt den gebürtigen Ansbacher Viktor Kraus in die Kunsthalle eingeladen. Der Maler lotet seit nunmehr über zwei Jahrzehnten die Möglichkeiten einer Malerei aus, die sich einerseits bewusst mit Sujets und Qualität der Klassischen Moderne auseinandersetzt (Figur – Interieur – Stillleben – Landschaft) und zugleich im Umgang mit ihren Mitteln in größtmöglicher Freiheit die Belange der malerischen Diskussion der heutigen Zeit reflektiert.

Victor Kraus bildet in seinen Werken nicht eine wie auch immer wahrgenommene Realität ab, sondern erschafft mit den von ihm gewählten Farben und deren Erscheinung im Licht ganz neue Wirklichkeiten. Als Maler geht es ihm stets um Malerei. Aber es gilt auch: Wieviel Erinnerung an Erlebtes oder Gesehenes muss der Künstler einem Betrachter im Bild noch anbieten, damit dieser darauf reagiert, es „versteht“? Wie weit muss er das jedoch gleichzeitig reduzieren und andererseits versuchen, mit den gewählten Materialien eine neue Wirklichkeit zu illuminieren, damit der Betrachter sich nicht in der Geschichte des Bildes verliert, sondern sich von der durch den Maler inszenierten Atmosphäre einnehmen lässt?

Victor Kraus kommt als Künstler einer post-informellen Generation nicht daran vorbei und gibt darauf ganz eigene Antworten. Nicht Annäherung an eine naturnahe Malerei ist die Aufgabe, vielmehr stellt er sich in seinem Werk die Frage, auf welche Weise man nach den Erfahrungen der Kunst in den letzten anderthalb Jahrhunderten wieder auf die uns umgebende Natur reagieren kann oder vielleicht sogar muss? Um Tiefe geht es. Nicht um Oberfläche oder gar um Oberflächliches!

Der Künstler (* 1954 Ansbach) lebt und arbeitet in München und Kinding (Altmühltal). Kraus studierte von 1977-1982 an der Akademie der Bildenden Künste München bei Prof. Sauerbruch. 1982 erhielt er ein Förderstipendium für Malerei der Stadt München, 1984 den Förderpreis für Bildende Kunst, Nürnberg und 1986 wurde er mit dem Bayerischen Staatspreis für Bildende Kunst bedacht. 1990/1991 führte ihn ein Stipendium des Bayerischen Kultusministeriums nach San Francisco.
Die Ausstellung wird von Dr. Erich Schneider kuratiert und von einem Katalog begleitet.

Der Schweinfurter Museums-Service MuSe begleitet die Ausstellung am
11. 3., 18. 3., 25. 3., 8. 4., 15. 4., 22. 4., 28. 4., 6. 5., 20. 5., 27. 5. und 10. 6. 2012 durch Führungen.
Am 11. 3. 2012 wird der Künstler Victor Kraus von 15 bis 17 Uhr in seinem in der Ausstellung installierten Atelier in der Kunsthalle anzutreffen sein.

Rüfferstraße 4, 97421 Schweinfurt
Fon: +49 (0)9721-51 479
Fax: +49 (0)9721-51 320
Kasse: +49 (0)9721-51 670

info@kunsthalle-schweinfurt.de
www.kunsthalle-schweinfurt.de

Täglich: 10.00 – 17.00 Uhr, Donnerstag 10.00 – 21.00 Uhr
Montags geschlossen
Jeder 1. Sonntag im Monat freier Eintritt.
Führungen unter Tel. + 49 (0)9721-51 215 MuSe




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